Wissenschaft braucht Verlässlichkeit – keine kopflose Kürzungsdebatte
- Laura Neugebauer
- 25. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Juli
Bei meinem Besuch an der Freien Universität Berlin wurde deutlich, was auf dem Spiel steht, wenn der Berliner Senat seine geplanten Einschnitte im Wissenschaftsetat umsetzt: 250 Millionen Euro sollen noch 2025 eingespart werden – davon über 100 Millionen an den staatlichen Hochschulen. Allein die Freie Universität wäre mit rund 37 Millionen Euro betroffen. Die Folgen wären drastisch: Studiengänge müssten gestrichen, Stellen unbesetzt bleiben und die Qualität von Lehre und Forschung massiv eingeschränkt werden. Besonders alarmierend ist, dass diese Kürzungen die ohnehin fragile Grundfinanzierung der Hochschulen treffen – das Fundament, auf dem Spitzenforsch
ung überhaupt erst möglich ist.
Beim Rundgang durch den Forschungsbau SupraFAB zeigte Professor Jens Rolff eindrucksvoll, was auf dem Spiel steht. Dort arbeiten Naturwissenschaftler*innen aus Physik, Biologie und Chemie gemeinsam an Zukunftsthemen – mit modernsten Großgeräten, die rund um die Uhr genutzt werden. Doch ohne die Betriebskosten, die über die Grundfinanzierung abgesichert sind, stehen diese Geräte still. Spitzenforschung wäre dann schlicht nicht mehr möglich. Auch der Exzellenzcluster „Center for Chiral Electronics“, den Professorin Katharina Franke gerade eingeworben hat, wäre ohne solide Strukturen nicht zu stemmen.

Gleichzeitig leisten auch die Geistes- und Sozialwissenschaften Herausragendes – trotz knapper Ressourcen. Gerade die Vielfalt der kleinen Fächer ist bedroht. Portugiesisch, Byzantinistik oder Niederlandistik haben keinen Spielraum für Kürzungen und auch Meldungen größerer Institute haben mich erreicht. Ein Verlust dieser Vielfalt würde die internationale Sichtbarkeit Berlins schwächen.
Das Problem: Drittmittel, so beeindruckend eingeworbene Summen in Berlin oft auch sein mögen, ersetzen sie keine Grundfinanzierung. Drittmittel fließen ausschließlich in die Forschung und können auch nur mit einer soliden Grundversorung .eingeworben werden.
Infrastruktur, Betriebskosten und auch die Lehre bleiben auf der Strecke, wenn die staatliche Finanzierung nicht gesichert ist. Schon jetzt liegt das Betreuungsverhältnis von Studierenden zu Lehrenden bei 1 zu 60.
Exemplarisch dafür steht die Lehrkräftebildung, welche unter unter großem Druck steht. Die Dahlem School of Education betont, Schulen brauchen heute mehr denn je gut ausgebildete Lehrkräfte, die Demokratiebildung, Diversität und Mehrsprachigkeit vermitteln können. Das kann ich nur unterstreichen und auch hier gefährdet der Spardruck langfristig die Qualität.
Mein Besuch bestätigte mir: Die Berliner Wissenschaft lebt von Engagement, Innovationskraft und Vielfalt. Doch all das braucht Verlässlichkeit – nicht kurzfristige Sparrunden. Wenn unsere Hochschulen nicht ausreichend Zeit bekommen, um nötigen Einsparungen mit sinnvollen Lösungen zu begegnen, drohen dauerhafte Schäden für die Hochschulen, die Studierenden, die Forschung und letztlich die gesamte Stadtgesellschaft.
Als Fraktionssprecherin für Wissenschaft und Forschung nehme ich aus diesem Austausch vor allem eines mit: Berlin kann Großes leisten, wenn wir der Wissenschaft die passenden Strukturen bieten und ihr auf Augenhöhe begegnen. Es braucht jetzt klaren politischen Willen, unsere Hochschulen nicht kaputtzusparen, sondern zukunftsfest aufzustellen. Nur so bleibt Berlin ein starker, international sichtbarer Wissenschaftsstandort.